Eine Skitour durch Lappland – Lektionen fürs Leben
Warum es sich lohnt, in Krisen eine Erinnerungen an die Zukunft zu träumen
Ich habe mir einen Traum erfüllt.
22 Jahre hatte ich bereits geträumt, als ich begriff, dass die Zeit reif war: zwei Wochen Lappland, im Winter. Die bezaubernde Schneelandschaft auf Ski erobern. Zelt, Schlafsack, Proviant – alles zum Überleben auf dem Zugschlitten. Und ein zuverlässiges Team fürs gemeinsame Abenteuer.
Es war April als ich die Entscheidung traf. Wirtschaftlich ging es mir miserabel. Wenige Aufträge, wiederholt überraschende Absagen, Bauchschmerzen beim Blick auf mein Konto. Würde ich bis nächsten Winter genügend Geld und Freiraum haben? „Gute Gründe das Träumen aufzuhören“ ... sagte die Angst. Doch warum eigentlich? Könnte es sein, dass die Zeit jetzt reif wäre? Wann sonst, wenn nicht jetzt? Ja, die Zeit war war reif. Also Urlaub im Kalender eingetragen, eine Tourenpartnerin mit meinem Traum angesteckt, einen weiteren Kollegen gefunden, Karten rausgesucht, Tickets gebucht, Ausrüstung sortiert, Proviant gepackt … und los geht’s 10 Monate später.
Wofür ... was zieht mich?
Ich liebe das Abenteuer und die Herausforderung, die stille Weite der winterlichen Berge, den unbeschreiblichen Anblick zu stummer Musik tanzender Nordlichter. Morgens die Nase aus dem Zelt in den Frost halten, die ersten Sonnenstrahlen geschenkt bekommen, das Glitzern des unberührten Schnees von letzter Nacht bestaunen. Funkelnde Flocken im gleißenden Gegenlicht, geheimnisvolle Halos rund um die tiefstehende Sonne. Am Abend das überwältigende Farbenspiel des Lichts – von himmelblau über zartrosa und dunkelviolett bis hin zu nachtschwarz – dann sternenklarer Himmel und immer wieder Aurora borealis – das Nordlicht.
Staunen, dass mir die Worte fehlen. Leben pur, mich spüren, mir vertrauen, in die Gemeinschaft des Teams vertrauen.
Wir starten bei Wind ...
... nachts wird er zum Sturm. Als das Tosen irgendwann verstummt, weckt mich die Stille. Der Schnee hat das Zelt begraben. Daunenjacke anziehen, nach draußen kriechen, das Zelt frei schaufeln. Ich erinnere mich an die Abenteuerbücher meiner Kindheit. So ist es also, ganz unmittelbar im Kontakt mit den Elementen zu sein. Sch…kalt und dennoch erquickend lebendig.
Am nächsten Tag ziehen wir durch unberührten Schnee und verwunschene Felslandschaften, über weite Ebenen gefrorener Seen und auf steile Hänge hinauf. Die Abfahrten, manchmal gemütliche Hütten mit bollernden Öfen und sternenklare von Mond und Schnee erhellte Nächte sind unser Lohn. Frostige Farbenspiele am Morgen, später die wärmende Sonne, eine Sauna zur Halbzeit der Tour und Unmengen Schokolade lassen mich die Anstrengung vergessen, zaubern immer wieder breites Lächeln in unsere warm verpackten Gesichter.
Nach einer Woche
planen wir unsere Route wegen großem Schneefall und möglicher Lawinen neu. Handyempfang – Fehlanzeige. Die Informationen eines Hüttenwarts – ungenau. Wir sind ganz auf unsere Erfahrung gestellt. Sollen wir die landschaftlich grandiose aber auch körperlich fordernde Route mitten durch die Berge wählen oder lieber den längeren Hauptweg außen herum? Würden wir die Strecke bis zur Abreise schaffen? Seit Monaten freue ich mich auf die Bergvariante und habe Mühe die Argumente für die landschaftlich vermutlich weniger reizvolle Variante zu hören.
Wir beraten lange. Ich werde ungeduldig. Meine Sehnsucht nach Abenteuer ruft und ich möchte so gern an den alten Plänen festhalten. Als wir uns für den Hauptweg entscheiden, fällt es mir unsäglich schwer die Route durch die Berge loszulassen. Und das, obwohl ich weiß, dass der Weg das Ziel ist, dass es sich lohnt loszulassen und mit dem zu gehen, was der Moment gerade anbietet…
Überraschung
So schwer es mir fällt, die neue Route zu akzeptieren, so viel Glück beschert sie mir: Am Abend lädt uns im Schneetreiben eine unvermutet gemütliche Passhütte an ihren wärmenden Ofen. Nach einer erholsamen Nacht gönne ich mir geschützt vor Wind und Kälte einen heißen Kaffee. Munter und gestärkt kann ich Sonnenschein, glitzernden Tiefschnee, die kleinen Abfahrten und Rentiere in der Ferne viel mehr genießen als sonst.
Weil unsere neue Route um einiges länger ist, sind wir bis Einbruch der Dunkelheit unterwegs. Belohnt werde ich mit einer „blauen Stunde“, so farbenfroh wie ich sie nicht hätte träumen können: in zartrosa getauchte weiße Berge vor blau-violettem Himmel, darüber nach und nach Sterne – ein atemberaubendes Schauspiel, dass ich sonst im Zelt oder einer Hütte verpasst hätte. Es ist wie Geburtstag – der kommt einen Tag später.
Was bleibt?
Lebendige Erinnerungen an magische Momente ... und zwei wichtige Erfahrungen.
Ja, die Zeit war reif. Reif zu begreifen, dass ich Träume nicht verwirkliche indem ich auf den richtigen Moment warte sondern dann, wenn ich entscheide mir den Raum dafür zu schaffen – ganz egal wie widrig die Umstände gerade erscheinen.
Und ich durfte das Glück erfahren, welches das Leben mir schenkt, wenn ich aufhöre an Plänen festzuhalten. Ich habe erlebt wie sehr es sich lohnt auf das zu lauschen, was weniger offensichtlich ist. Was ruft gerade ... und wohin? Und was ist jetzt – wirklich-wirklich – dran? Innehalten, horchen, Antwort abwarten, entscheiden. Und vielleicht liegt hinter dem nächsten Abzweig ein Schatz verborgen.
Ganz sicher, ich werde wieder losziehen.
Du willst auch Träume verwirklichen?
Beim Abenteuer Persönlichkeitsentwicklung unterstütze ich dich gern als Coach.
ps: Im Herbst, genau zur rechten Zeit für alle Besorgungen, waren die Auftragsbücher wieder voll.
Skitour durch Lappland 2020 - Reise in eine ferne Welt. © Kristian Baum.